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  Der Dickkopf und das Peterlein ( 9 )
  Der Mann draußen griff mit seinen Armen zum Fenster hinein. Da brannte sein Wams. Der Wasserstrahl wurde auf den Retter gerichtet und warf ihn zum Boden. Ein anderer sprang ans Fenster. hinter dem Fenster, von Flammen umwogt, stand der Dickkopf. Er sah in der Rindshaut, die er um sich geschlagen hatte, noch unförmiger aus als sonst.
  Er ist nimmer da. Er ist zu Boden gestürzt. Jetzt ist er wieder aufgestanden. Er hält das in ein Fell geschlagene Kind in den Händen und schiebt es behutsam aus der Luke, so wie der Postschaffner ein lang geratenes Paket zum Schalter hinausschiebt.
  Nicht nur zwei - vier, sechs Hände nehmen's in Empfang. Zwei Männer tragen's durch die Menge, in der sich still eine Gasse bildet.
  "Das Peterlein lebt!" ruft jemand. "Der Arzt sagt, es komme davon!" schallt es aus einem Schuppen herüber, in den man das Kind getragen hatte. Ein Jubelschrei erfüllt die Luft.
  Wie er verhallt, ruft die Kinderstimme: "Der Dickkopf!"
  Alle schauen nach dem Fenster, aus dem sich leuchtender Qualm drängt.
  Vorhin hatte er seinen Kopf und die Arme herausgestreckt, ein irregegangener Wasserstrahl hat ihn zurückgeworfen. Mehrere behaupten, jeder sagt's dem andern nach, keiner hat's gesehen. Der Raum hinter dem Fenster ist mit blendendem Rauch erfüllt. Jetzt schlägt eine Flamme vom Boden in die Höhe und leckt zum Fenster heraus, aber sie zieht ihre Zunge gleich wieder zurück, denn draußen gibt es nichts zu fressen.
 
  Als der Tag graute, war die Gerberei niedergebrannt bis auf das wenige Gemäuer.
  Das Peterlein war in das Krankenhaus gebracht worden. Es lag in einem weißen Bett, über und über verbunden. Von dem Gesicht sah man nur die Nasenspitze und die Augen.
  Soeben hatte der Arzt den Verband erneuert. Er stand in der Fensternische und sagte zur Oberschwester: "Es tut ihm nichts. Das Rindsfell hat ihn wunderbar geschützt." Da kam ein Aufwärter in den Saal herein und brachte eine große runde Holzschachtel.
  Die hat soeben ein Konditorjunge für das Peterlein abgegeben. Er hätte sie ihm schon gestern Abend bringen sollen, aber über dem Brand sei's vergessen worden. Er habe gehört, dass das Peterlein in das Krankenhaus gebracht worden sei, drum habe er die Schachtel gleich hierhergetragen.
  So berichtete der Aufwärter der Diakonissin, die der Tür zunächst gewesen und darum herzugeeilt war.
  Peterleins Pflegerin, die die Botschaft nur halb vernommen hatte, nahm der Schwester die Schachtel aus der Hand, legte sie auf das Bett des Knabens und hob den Deckel weg.
  "Gib acht, gib acht," sagte sie, "die schickt dir wohl der Oberbürgermeister. Er hat vorhin fragen lassen, wie's dir gehe."
  Der Knabe hob den Kopf ein wenig und schaute mit lächelnden Augen hin. Aber nach dem ersten Blick stieß er einen Schrei aus, so jammervoll, dass der junge Arzt erschrocken herbeieilte.
  In fettem Zuckerguss trug die Prinzregententorte die Auffschrift:
 
  "Der Dickkopf seinem lieben Peterlein zum heiligen Christfest"
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  Adolf Schmitthenner 1854 - 1907
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