Die Geschichte vom Tannenbäumchen ( 3 )
Aber
man bereitet guten, lindernden Tee daraus, und haben die kleinen Leute zu viel
von dem guten Obst gegessen und davon Leibschneiden bekommen und sind die
großen zu lange unter den Buchen und Eichen herumgeschwärmt, so dass
sie sich den Schnupfen geholt, dann muss sie dieser gesund machen, damit sie
wieder von vorn anfangen können."
Als die kluge Linde schwieg, nickten die anderen Bäume und lachten, denn
sie waren der schönen linde alle gut, nur die eiche brummte etwas in sich
hinein von "dumm und albern!" aber sonst blieb Alles ruhig.
Das arme Tannenbäumchen hatte die ganze Zeit über zitternd und
schweigend dagestanden, doch nun suchte es die allgemeine Stille zu benutzen,
um auch ein Wörtchen der Verteidigung zu sagen. Ganz leise und
schüchtern fing es an: "Ach, Ihr lieben Bäume, ich weiß
wohl, dass Ihr mich als den Schlechtesten von Euch allen betrachtet, aber so
ganz nutzlos und überflüssig bin ich doch auch nicht, wenn ich auch
weniger schön geschmückt bin, als Ihr. Aus meinem Holze kann man
Häuser und Schiffe bauen und mit den Tannenzapfen machen die Leute ihr
Feuer an, auch - "
"Ha! ha! ha!" schallt es da aus allen Ecken und Enden, "ha, ha,
ha! hört doch das dumme ding! wenn es nur lieber ganz geschwiegen
hätte. Mit Hobelspänen kann man Feuer machen, als ob das ein
Verdienst wäre. Ha, ha, ha!"
Und die Bäume bogen und neigten sich und wollten sich bald tot lachen und
der dicke Apfelbaum verlor noch manche weiße Blüte in seiner
großen Lustigkeit. Endlich ging die Sonne unter; die Vögel suchten
ihr grünes Quartier auf und wollten ihre Ruhe haben, so wurden die
Schwätzer dann stiller und stiller und als der goldne Mond langsam herauf
stieg, lag Alles im tiefsten Frieden." Nur ein Baum konnte nicht ruhen und
schlafen, das war der Tannenbäumchen. Es war so betrübt, dass es gern
bittere Tränen vergossen hätte, wenn es ein Mensch und kein Baum
gewesen wäre. Ach, es konnte sich gar nicht zufrieden geben und
wünschte sich auch weiche, flatternde Blätter und süße
Früchte, damit es Niemand mehr verspotten dürfte. Wie es nun so
dastand in seiner Betrübnis, da ward es auf einmal vor ihm ganz helle und
licht und wie aus der Erde gewachsen, schwebte auf dem grünen Rasen ein
wunderschöner Engel. Der hatte ein langes, schneeweißes Gewand,
weiße Flügel an den Schultern, auf dem Kopfe trug er einen Kranz von
den schönsten Rosen und darüber hin hing ein langer Schleier, der
glänzte wie gesponnenes Silber.
Na, könnt ihr euch wohl denken, wer der schöne Engel gewesen?
Natürlich war es Niemand sonst, als unser liebes Christkind, welches Alles
mit angehört und angesehen, wie es auch immer sieht, ob ein Kind lieb oder
unartig ist. Das arme bescheidne Tannenbäumchen tat ihm in tiefster Seele
leid und darum kam es jetzt zu ihm geflogen und sagte mit seiner
süßen Stimme: "Tannenbäumchen, was fehlt Dir denn?"
Aber dass Bäumchen konnte nicht antworten, es war zu betrübt und auch
zu erschreckt von dem hellen Glanz und Christkindchens Anblick; es
schüttelte nur leise den Wipfel, da fuhr Christkindchen fort:
"Tannenbäumchen, ich weiß es recht gut, was Dir fehlt; die
bösen Bäume hier haben Dich ausgelacht, weil Du nicht so schön
bist als sie. Aber warte nur, bald sollst du schöner sein als sie Alle.
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Luise Büchner 1821 - 1877
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